Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 07. Mai 2013 (Az. 2 BVR 909/06, 2 BVR 1981/06, 2 BVR 288/07) entschieden, dass die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehen beim Ehegattensplitting verfassungswidrig ist. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

 

Die Beschwerdeführer beantragten nach Begründung eingetragener Lebenspartnerschaften für die Jahre 2001 und 2002 die Zusammenveranlagung mit ihren jeweiligen Lebenspartnern. Die Finanzverwaltung gab diesem Antrag nicht statt und führte stattdessen die Einzelveranlagung durch. Die hiergegen durch die Beschwerdeführer gerichteten Klagen blieben vor dem Finanzgericht und dem Bundesfinanzgerichtshof erfolglos. Gegen diese Entscheidungen haben die Beschwerdeführer eine Verfassungsbeschwerde erhoben.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass eine Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehen beim Ehegattensplitting verfassungswidrig ist. Die § 26, 26 b, 32 a Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes sind mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar, soweit sie eingetragenen Lebenspartnern, anders als Ehegatten, nicht die Möglichkeit der Zusammenveranlagung und die damit verbundene Anwendung des Splittingverfahrens eröffnen.

 

Nach Auffassung des Senats vermag allein der besondere Schutz der Ehe und Familie in Art. 6 Abs. 1 GG die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft nicht zu rechtfertigen. Die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG bilde einen sachlichen Differenzierungsgrund, der in erste Linie dazu geeignet sei, die Ehe gegenüber anderen Lebensgemeinschaften besser zu stellen, die durch ein geringeres Maß an wechselseitiger Pflichtbindung geprägt sei. Gehe die Privilegierung der Ehe mit einer Benachteiligung anderer, in vergleichbarer Weise rechtlich verbindlich verfasster Lebensformen einher, rechtfertige der bloße Verweis auf das Schutzgebot der Ehe eine solche Differenzierung indes nicht. Der Umstand, dass eingetragene Lebenspartnerschaften und Ehen gleichermaßen als Gemeinschaften des Verbrauchs und Erwerbs konstituiert sind, gebühre bei einer typisierenden Gruppenbildung eine steuerrechtliche Gleichbehandlung.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat die ergangenen Entscheidungen der Finanzgerichte und des Bundesfinanzgerichtshofes deshalb aufgehoben und die Verfahren zur erneuten Entscheidung an den Bundesfinanzhof zurückverwiesen.

 

Des Weiteren hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass der Gesetzgeber verpflichtet sei, den festgestellten Verfassungsverstoß rückwirkend zum Zeitpunkt der Einführung des Instituts der Lebenspartnerschaft am 01. August 2001 zu beseitigen.

 

Für die Lebenspartner der eingetragenen Lebenspartnerschaft bedeutet dies, dass bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung, die der Gesetzgeber allerdings unverzüglich zu treffen hat, die §§ 26, 26 b, 32 a Abs. 5 Einkommensteuergesetz zur Vermeidung einer Unsicherheit über die Rechtslage allerdings mit der Maßgabe anwendbar bleiben, dass auch eingetragene Lebenspartner, deren Veranlagungen noch nicht bestandskräftig durchgeführt sind, mit Wirkung ab dem 01.08.2001 unter dem für Ehegatten geltenden Voraussetzungen eine Zusammenveranlagung und die Anwendung des Splitting-Verfahrens beanspruchen können.

Source: Archiv Przytulla