Das Bundesarbeitsgericht hat sich in einer Entscheidung vom 19.03.20158 (AZR 67/14) mit der Frage beschäftigt, wann ein Auszubildender, der durch sein Verhalten einen Schaden verursacht, für diesen haftet:

 

Der Kläger und der Beklagte waren Auszubildende bei einer Autofirma, die einen Kfz-Handel mit Werkstatt und Lager betrieb. Im Zeitpunkt der schädigenden Handlung war der Kläger 17 Jahre alt. Der spätere Beklagte warf ohne Vorwarnung auf den Kläger ein ca. 10 Gramm schweres Wurfgeschoss und traf den Kläger am linken Auge, wodurch der Kläger Verletzungen am linken Augenlid und der linken Schläfe erlitt. Dem Kläger musste eine Kunstlinse eingesetzt werden und es verblieben Einschränkungen der Sichtfähigkeit aufgrund einer Hornhautnarbe. Die zuständige Berufsgenossenschaft zahlt dem Kläger eine monatliche Rente in Höhe von 204,40 €. Die Vorinstanz zum Bundesarbeitsgericht, das Landesarbeitsgericht, kam zu dem Ergebnis, der Wurf sei „nicht betrieblich veranlasst“ und verurteilte den Beklagten wegen eines schuldhaften Handels zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 €.

Diese Entscheidung berücksichtigt zunächst, dass es für gewisse Verletzungen und Fehlverhalten von Arbeitnehmers untereinander Haftungsausschüsse nach den §§ 105, 106 SGB VII gibt. Eine derartige Haftungsprivilegierung sah das Bundesarbeitsgericht hier nicht als gegeben. Vielmehr habe der Kläger vorsätzlich gehandelt und müsse deshalb persönlich haften. Im Übrigen kam es zu dem sehr wichtigen Ergebnis, dass Auszubildende untereinander – wie Arbeitnehmer auch – „wie normale Bürger“ haften, d. h. unter Berücksichtigung auch der Einschränkungen für die Haftung bei Minderjährigen. Hier gab es aber keinen Grund, die Haftung weiter einzuschränken, da der Beklagte den Kläger, der von ihm (nicht vom Betrieb!) ein Schmerzensgeld haben wollte, verletzt hat, ohne in seiner Schuldfähigkeit beschränkt zu sein.

 

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Hier hat das Bundesarbeitsgericht noch einmal die Grundzüge auch der Haftung für den Arbeitnehmer angesprochen: Bei vorsätzlichem Handeln gibt es kein Haftungsprivileg, d. h. der betroffene Beschäftigte haftet sowohl gegenüber einem Dritten – dies kann auch ein Kollege/eine Kollegin sein – oder auch bei der Beschädigung von Betriebseigentum für Vorsatz immer. Auch Haftpflichtversicherungen treten bei vorsätzlichem Verhalten nicht ein. Insoweit ist Vorsicht und Umsicht geboten. Dies gilt für alle betrieblichen Situationen – und sei dies auch auf dem betrieblichen Parkplatz bei der Benutzung von Kfz.

 

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.03.2015 – 8 AZR 67/14
 

Source: Archiv Przytulla