Altersvorsorgevertrag und böse Klauseln

I.

Sachverhalt

 

Die Sparkasse hatte in ihren Sonderbedingungen für sog. „Altersvorsorgeverträge u. a.“ folgende Bestimmungen festgelegt:

„Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente werden dem Sparer ggfs. Abschluss – und/oder Vermittlungskosten belastet.“

Der Kläger hielt die vorbezeichnete Klause für unwirksam, da sie nicht klar und verständlich sei und damit entgegen den Geboten von Treu und Glauben der jeweilige Kunde unangemessen benachteiligt werde; d. h er wollte dieses Entgelt bei der Sparkasse nicht zahlen.

Nachdem bereits Landgericht und Oberlandesgericht der Klage stattgegeben hatten, vertrat aber jene Sparkasse den von ihr gestellten Antrag auf Klageabweisung beim Bundesgerichtshof (BGH) weiter.

Das Problem lag hier in dem Text dieser Zusatzbedingung. Wir kennen alle sog. „Allgemeine Geschäftsbedingungen“, d. h. vorformulierte Klauseln, die Geschäftsleute gegenüber den Kunden benutzen und die von ihnen im eigenen Interesse ausgestaltet wurden. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) hat in den §§ 305 ff. BGB eine Vielzahl von Bestimmungen vorgesehen, nach denen derartige Klauseln nicht wirksam sind. Im Laufe der Jahre gibt es inzwischen zahllose Entscheidungen, bei denen die Gerichte derartige Klauseln überprüft haben. Hierbei muss der Laie bedenken, dass es sich nicht immer nur um „seitenlange“ Texte handeln muss. Es genügen ggf. auch einzelne Sätze, soweit sie vorformuliert sind und standardmäßig verwandt werden (sollen). Dabei gibt es in aller Regel nach der Gesetzeslage eine ganze Reihe von Gesichtspunkten zu prüfen, weil es einerseits allgemeine Gebote gibt, wie derartige Klauseln nicht abgefasst sein dürfen bzw. aber ganz spezifische Bestimmungen Formulierungen untersagen. Zusätzlich sollte man wissen, dass eine unwirksame Klausel nicht bis zu einem derartigen Maße erlaubt wird, wo sie wirksam wird (Beispiel: Der Zuschlag für eine gewisse Warenlieferung bei erster Nichtannahme beträgt 50 %. Derartiges kann dann nicht auf 0,5 % gedrückt werden). Vielmehr ist dann die Klausel in Gänze unwirksam.

II.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes

Der BGH (Urteil vom 21.11.2023, XI ZR 290/22) stellt zunächst wieder einmal klar, dass auch ein einzelner Satz eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB darstellt (darstellen kann) und nicht lediglich einen unverbindlichen Hinweis. Hier muss man bedenken, dass Unternehmen gerader derartige „unverbindliche“ Bemerkungen nicht wirklich in einen Text aufnehmen. Vielmehr wird dem Kunden ja dann regelmäßig eine derartige Klausel vorgehalten, damit er Leistungen an die andere Seite erbringt.

Die betreffende Sparkasse hatte argumentiert, das Ganze solle nur eine Hilfestellung sein. Dem ist der Bundesgerichtshof deutlich entgegengetreten. Auch wenn genaue Bestimmungen fehlen, stellt eine derartige Klausel einen Vertragsinhalt dar und dies ergibt sich auch häufig im Geschäftsverkehr durch den Zusammenhang, wie er hier mit dieser „Sonderbedingung“ gegeben war.

Dann kommt in der Argumentation des Bundesgerichtshofes ein ganz wichtiger Aspekt für jeden Kunden. Einerseits muss eine Klausel stets klar und verständlich im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sein und darf andererseits den anderen Kunden, in diesem Fall dem Verbraucher, nicht unangemessen benachteiligen. Dabei muss man sich vor Augen führen, dass derartige Klauseln sehr häufig von den gesetzlichen Bestimmungen abweichen. In derartigen Fällen darf eben die Abweichung vom gesetzlichen Normalfall nicht so gravierend sein, dass der Kunde nicht mehr angemessene Bedingungen vorfindet. Des Weiteren aber führt der BGH aus, muss ein Kunde im Vorhinein erkennen lassen, ob eine bestimmte Rechtsfolge eintreten soll und welche Kosten von ihm verlangt werden.

Dies bezieht sich sowohl auf den Grund für die Geltendmachung von Entgelten durch die andere Vertragsseite (Verwender der AGB), als auch für die Höhe des begehrten Betrages. Die hier in Rede stehende Klausel benannte für Abschluss- und Vermittlungskosten weder einen genau festgelegten Betrag, noch einen Prozentsatz, der sich auf ein bestimmtes Kapital bezieht. Dabei wurde der Kunde auch im Unklaren gelassen, zu welchen Terminen die Zahlungen dann erfolgen sollten, oder ob sie einmalig, monatlich oder jährlich anfallen würden.

Insgesamt geht es um die Frage, ob der Kunde die Kosten vernünftig im Vorhinein kalkulieren kann. Insoweit entspricht es auch der bisherigen Rechtsprechung des BGH, dass z. B. Schadenspauschalen unwirksam sind, die sich auf einen bestimmten Prozentsatz beziehen, ohne dass eine Differenzierung nach den Schwierigkeiten oder dem Umfang der Leistungen gegeben ist.

III.

Fazit:

Bei der Sichtung von Klauseln der Sparkassen (oder anderer Kreditunternehmen bzw. Versicherern) ist große Vorsicht geboten, wenn derartige Schadenspauschalbeträge verlangt werden. Der Kunde sollte nicht „blindlinks“ zahlen. Dies gilt aber nicht nur für den Verbraucher, sondern auch für Unternehmen, die mit derartigen Zuschlägen belastet werden sollen.

Das vorgestellte Urteil ist gut und richtig. Es gibt aber über den Einzelfall hinaus wichtige Hinweise, wie AGB abgefasst sein dürfen und was unwirksam in derartigen Regelungen sein kann.

Dortmund, den 11.12.2023

Fritz-Martin Przytulla LL.M.

Rechtsanwalt