Mietrecht für Dortmund und Umgebung

 

Haben Sie schon Ihren Mietvertrag widerrufen?

 

Mit Sicherheit haben Sie schon davon gehört, dass Sie bei Bestellungen im Internet die Möglichkeit haben, den Vertrag zu widerrufen. Weit weniger bekannt ist jedoch die Tatsache, dass in bestimmten Fällen auch (Wohnraum-) Mietverträge widerrufen werden können. Für den Mieter führt dies im „besten Fall“ dazu, dass dieser bis zu 12 Monate kostenfrei wohnen kann!

Beim Vermieter muss es sich um einen Unternehmer handeln

Die wichtigste und in der Praxis auch am schwierigsten zu beurteilende Frage ist, ob es sich um einen sogenannten Verbrauchervertrag (B2C-Vertrag) handelt. Denn nur dann kann dem Mieter ein Widerrufsrecht zustehen. Von einem Verbrauchervertrag ist auszugehen, wenn der Vermieter Unternehmer im Sinne von § 14 Abs. 1 BGB ist:

 

„Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.“

 

Bei großen Wohnungsgesellschaften ist es unzweifelhaft, dass diese Unternehmer im vorgenannten Sinne sind. Sollte es sich bei den Vermietern jedoch um Privatpersonen handeln, die nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl von Wohnungen vermieten, dann ist diese Frage schon nicht mehr so einfach zu beantworten. Der für das Wohnraummietrecht zuständige achte Senat des Bundesgerichtshofs hat sich mit dieser Fragestellung bisher nicht beschäftigen müssen. Deshalb wird von den meisten Instanzgerichten ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2001 herangezogen:

 

„Eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne von § 1 Abs. 1 VerbrKrG ist eine planmäßige und auf Dauer angelegte wirtschaftlich selbständige Tätigkeit unter Teilnahme am Wettbewerb. Zu den gewerblichen Betätigungen gehört daher nicht die Verwaltung eigenen Vermögens, die auch dann grundsätzlich dem privaten Bereich zugerechnet wird, wenn es sich um die Anlage beträchtlichen Kapitals handelt. Die Aufnahme von Fremdmitteln kann insbesondere beim Immobilienerwerb zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehören und läßt daher nicht zwangsläufig auf ein Gewerbe schließen. Das ausschlaggebende Kriterium für die Abgrenzung der privaten von einer berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung ist vielmehr der Umfang der mit ihr verbundenen Geschäfte. Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation, so liegt eine gewerbliche Betätigung vor.

Die Höhe der verwalteten Werte oder des Kreditbetrages ist dabei nicht maßgeblich, weil etwa bei einer Anlage in Aktien oder festverzinslichen Wertpapieren mit einem relativ geringen organisatorischen und zeitlichen Aufwand auch große Kapitalbeträge verwaltet werden können. Handelt es sich um die Vermietung oder Verpachtung von Immobilien, so ist dementsprechend nicht deren Größe entscheidend, sondern Umfang, Komplexität und Anzahl der damit verbundenen Vorgänge. Ein ausgedehntes oder sehr wertvolles Objekt an eine geringe Anzahl von Personen zu vermieten, hält sich daher grundsätzlich im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Dagegen spricht die Ausrichtung auf eine Vielzahl gleichartiger Geschäfte für ein professionelles Vorgehen. Ob der mit der Vermögensverwaltung verbundene organisatorische und zeitliche Aufwand danach insgesamt das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebes vermittelt, bleibt eine im Einzelfall zu beurteilende Frage.

(BGH, Urteil vom 23. 10. 2001 – XI ZR 63/01)

 

Wir haben die maßgeblichen Kriterien unterstrichen. Danach kann es also nicht auf die Anzahl und den Wert der Wohnungen ankommen, sondern nur darauf, ob der Vermieter so viel Zeit darauf verwenden muss, die mit der Wohnungsvermietung im Zusammenhang stehenden Geschäfte zu tätigen, dass man darin ein professionelles Handeln sehen kann. Dies ist in der Praxis eine gar nicht so einfach zu beantwortende Frage.

Handelt es sich um einen Fernabsatzvertrag oder …

wurde der Mietvertrag außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen, dann kann dem Mieter ein Widerrufsrecht zustehen, wenn der Vermieter ein Unternehmer ist.

Ein Fernabsatzvertrag liegt vor, wenn sich die Parteien des Mietvertrags bei dessen Unterzeichnung nicht gegenüberstanden. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Vermieter dem Mieter den Vertrag unterschrieben per Post zukommen lässt und der Mieter diesen unterzeichnet und dann auch per Post an den Vermieter zurückschickt.

Doch selbst wenn sich die Parteien des Mietvertrags bei dessen Abschluss „gegenüberstehen“, steht dem Mieter ein Widerrufsrecht zu, wenn dies nicht innerhalb der Geschäftsräume des Vermieters geschieht. Wurde der Mietvertrag in den anzumieten Räumlichkeiten abgeschlossen, dann handelt es sich um einen Vertrag, der außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen wurde. Gleiches gilt, wenn der Mietvertrag in der Wohnung des Mieters oder Vermieters abgeschlossen wird.

Ausnahme: Wohnungsbesichtigung

Liegen die vorgenannten Voraussetzungen vor, dann steht dem Mieter grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu. Etwas anderes gilt nur, wenn der Mieter vor dem Vertragsschluss die Möglichkeit hatte, die anzumieten Räumlichkeiten vollständig zu besichtigen. Findet die Besichtigung mit anderen Interessenten statt, so kann dies dem Entstehen des Widerrufsrechts entgegenstehen. Hat der Mieter jedoch nicht die Möglichkeit alle Räumlichkeiten eingehend zu besichtigen, dann entfällt das Widerrufsrecht nicht.

Änderungen des Mietvertrags

Das Widerrufsrecht kann „wiederaufleben“, wenn der unternehmerische Vermieter Änderungen des Mietvertrags, wie zum Beispiel eine Mieterhöhung, mit dem Mieter vereinbaren möchte. Liegen dann die vorgenannten Voraussetzungen vor, dann steht eine ursprünglich einmal durchgeführte Wohnungsbesichtigung dem Entstehen eines neuen Widerrufsrechts nicht entgegen.

Das Fehlen der Widerrufsbelehrung

Handelt es sich also bei dem Mietvertrag um einen Verbrauchervertrag, dann muss der Vermieter den Mieter über sein Widerrufsrecht informieren. Dabei sind bestimmte Formalien einzuhalten. Das Widerrufsrecht beginnt erst zu laufen, wenn eine diesen Formalien genügende Widerrufsbelehrung den Mieter erreicht hat. In diesen Fällen beträgt die Widerrufsfrist 14 Tage ab Zugang der Widerrufsbelehrung.

Übermittelt der Vermieter dem Mieter keine Widerrufsbelehrung, dann erlischt das Widerrufsrecht des Mieters nach 12 Monaten und 14 Tagen. Die Frist beginnt mit Abschluss des Mietvertrages zu laufen.

Kostenloses Wohnen

Lässt ein unternehmerischer Vermieter seinem Mieter keine Widerrufsbelehrung zukommen, obwohl dies notwendig war und widerruft der Mieter dann fristgerecht den Mietvertrag, kann der Mieter alle von ihm bisher geleisteten Mietzins- und Nebenkostenvorauszahlungen sowie die Kaution herausverlangen. Er muss in diesen Fällen nur pünktlich ausziehen. Der Mieter haftet nur für Schäden, die auf den nicht sachgemäßen Gebrauch der Mietsache zurückzuführen sind.

Fazit

Tagtäglich wird es unzählige Male vorkommen, dass Mietverträge abgeschlossen werden, bei denen der Vermieter dem Mieter eigentlich eine Widerrufsbelehrung zukommen lassen müsste. Dass es im Bereich des Wohnraummietrechts ein Widerrufsrecht gibt, ist bisher kaum bekannt. Die Widerrufsmöglichkeit beinhaltet aber gerade für Vermieter, die mehr als nur „ein oder zwei“ Wohnungen vermieten ohne dies hauptberuflich zu tun, ein nicht unbeträchtliches wirtschaftliches Risiko.

Für alle Fragen rund um das Mietrecht stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

 

Kai Riefenstahl

– Rechtsanwalt  –

Dortmund