Das Oberlandesgericht hat am 12.06.2013, Az. 8 UF 75/12, entschieden, dass den Eltern, welche das Kind ausschließlich zu Hause unterrichten und das Kind von einer öffentlichen Schule abmeldeten, das Recht zur Regelung seiner schulischen Angelegenheit entzogen werden kann, weil die Eltern nicht Willens und in der Lage seien, die Schulpflicht durchzusetzen.

 

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

 

Das Kind, heute 11 Jahre alt, wohnte bei seinen Eltern. Es war das jüngste Kind der Familie. Bereits im ersten Schuljahr fehlte das Kind an über 40 Tagen in der örtlichen Grundschule. Die Eltern haben das Kind von dort schließlich im Jahr 2010 abgemeldet. In den nächsten Jahren besuchte das Kind zwei weitere Grundschulen, an denen es nur wenige Tage verblieb. Ein im Jahr 2012 unternommener Versuch, das Kind durch Lehrkräfte zu Hause zu beschulen, um eine Wiedereingliederung in die Schule vorzubereiten, scheiterte. Das Kind wurde zum Zeitpunkt der Entscheidung durch seine Mutter, welche von Beruf Informatikerin ist, unterrichtet. Das Kind verfügte über einen altersgerechten Wissensstand. Die Eltern lehnten es strikt ab, das Kind gegen seinen Willen auf eine öffentliche Schule zu schicken.

 

Der 8. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm hat den Eltern das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten entzogen und dieses Recht auf das zuständige Jugendamt zu übertragen. Nach Auffassung des 8. Zivilsenats wäre das geistige und seelische Wohl des Kindes trotz des altersgerechten Wissensstandes gefährdet. Das Oberlandesgericht unterstellte den Eltern, in der Erziehung versagt zu haben. Dies habe das Sachverständigengutachten ergeben. Die Eltern würden ihrem Kind keine Grenzen und Regeln setzen. Pflichten seien dem Kind völlig unbekannt. Da die Eltern das Kind in seiner Schulunlust förderten, würden die Eltern die Bildungsinhalte einer weiterführenden Schule dem Kind vorzuenthalten. Obwohl die Mutter eine gute Ausbildung genossen habe,  werde sie dennoch nicht in der Lage sein, sämtliche Lerninhalte einer weiterführenden Schule adäquat zu vermitteln. Ein Schulbesuch soll den Kindern zudem die Gelegenheit verschaffen, in das Gemeinschaftsleben hineinzuwachsen. Soziale Kompetenzen könnten effektiver eingeübt werden, wenn Kontakte mit der Gesellschaft nicht nur gelegentlich stattfinden, sondern Teil einer mit einem regelmäßigen Schulbesuch verbundenen Alltagserfahrung seien.

Source: Archiv Przytulla