1. Die Überwachung der Mitarbeiter im Zusammengang mit privater Nutzung des Arbeitsplatz-PC‘ s ist einerseits notwendig, um zu verhindern, dass bezahlte Arbeitszeit nicht für private Zwecke missbraucht wird (sog. Arbeitszeitbetrug).

Andererseits sind die Arbeitgeber verpflichtet, die Überwachung so zu gestalten, dass insbesondere die Grenzen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beachtet werden.

2. Im Zusammenhang hiermit ist eine Entscheidung des LAG Hamm (Urteil vom 17.06.2016 – Az.: 16 Sa 1711/15 ) von besonderer Bedeutung:

Einem Arbeitnehmer war außerordentlich – hilfsweise ordentlich – gekündigt worden, weil er in erheblichem Maße während der bezahlten Arbeitszeit private Angelegenheiten am Arbeitsplatz-PC erledigt hatte.

Der Arbeitgeber hatte dies anhand der Aufzeichnungen eines sog. Keyloggers festgestellt, also eines Zusatzprogramms auf dem Arbeitsplatzrechner, das alle Tastaturanschläge aufzeichnet und speichert und sog. Screenshots (Fotos des aktuellen Bildschirms) fertigt.

Anhand des Protokolls kann dann im nach hinein rekonstruiert werden, welche Tasten der Arbeitnehmer zu welcher Zeit betätigt hatte. Hieraus kann dann lückenlos dokumentiert werden, welche Internetadressen aufgerufen, welche Texte oder sonstigen Tastatur-Befehle eingegeben worden waren usw. (sog. Internet-Traffic).

Auf die Nutzung des  Keyloggers hatte der Arbeitgeber in einer internen Email an alle Mitarbeiter hingewiesen und diese gebeten, evtl. Einwände hiergegen innerhalb einer Woche mitzuteilen, ansonsten gehe er vom Einverständnis der Mitarbeiter aus.

Der Arbeitnehmer wandte sich gegen die ausgesprochenen Kündigungen u.a. mit dem Argument, dass die Installation und Nutzung des Keyloggers rechtswidrig gewesen sei und die daraus gewonnenen Erkenntnisse im Arbeitsprozess nicht verwendet werden dürften.

 

3. Das LAG Hamm hat der Kündigungsschutzlage des Klägers gegen die ausgesprochenen Kündigungen in vollem Umfang stattgegeben.

Zur Begründung hat es im wesentlich ausgeführt:

Die dem Kläger vorgeworfene private Nutzung des PC sei an sich ein beachtenswerter Grund für eine – auch außerordentliche Kündigung – des Arbeitsverhältnisses.

Denn die private Nutzung stelle eine schwerwiegende Verletzung der Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers dar. Insoweit sei auch im Regelfall keine Abmahnung erforderlich, weil der Arbeitnehmer angesichts der Schwere der Pflichtverletzung nicht damit rechnen könne, dass der Arbeitgeber dies tolerieren werde.

 

Die aus der Installation und Nutzung des Keyloggers gewonnenen Erkenntnisse dürften jedoch im Prozess nicht zugrunde gelegt (verwertet) werden.

 

Durch die Installation und Nutzung des Keyloggers habe der Arbeitgeber in massiver Weise ungerechtfertigt in das durch Art. 2 Abs. 1  i.V.m. Art 1 GG verbürgte Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen.

Insoweit habe auch kein Einverständnis des Klägers vorgelegen: Dieses müsse vielmehr nach § 4 a Abs. 1 S. 2 BDSG eindeutig schriftlich erklärt werden.

Dass der Kläger keine Einwände gegen die Mitteilung über die Installation und Nutzung des Keyloggers erhoben habe, sei rechtlich unbeachtlich, weil bloßes Schweigen grundsätzlich nicht als Zustimmung ausgelegt werden könne.

Dermaßen rechtswidrig gewonnene Erkenntnisse über das Verhalten von Arbeitnehmern am Arbeitsplatz dürften nicht als Beweismittel im Arbeitsprozess verwendet werden.

 

Wegen der Bedeutung der Angelegenheit hat das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen. Das Verfahren ist dort unter dem Aktenzeichen 2 AZR 681/ 16 anhängig.

 

Über den Fortgang des Verfahrens werden wir Sie auf dem Laufenden halten.

 

4. Angesichts der immer wieder auftauchenden rechtlichen Probleme bei der Überwachung der Nutzung von Arbeitsplatz-PC‘ s im Hinblick auf die private Nutzung, empfiehlt es sich, durch entsprechende eindeutige Arbeitgeberweisungen bzw. durch Betriebs- und/oder Dienstvereinbarungen

  • die private Nutzung von Arbeitsplatz-PC’s zu untersagen

und

  • die private Nutzung von Smart-Phones, Tablets u.ä. während der Arbeitszeit ebenfalls (mit Ausnahme von Notfällen) gänzlich zu untersagen.

Nur so können bei Verstößen rechtssicher arbeitsrechtliche Sanktionen (Abmahnung oder Kündigung) ergriffen werden.

Der Arbeitgeber braucht dann erst gar nicht auf rechtlich zweifelhafte Überwachungsmethoden wie Keylogger, Videoüberwachung u.ä. zurückzugreifen.

Source: Archiv Przytulla