Das OLG Hamm hat mit rechtskräftigem Beschluss vom 27.01.2015 (3 RBs 5/15) klargestellt, dass der Betroffene sich nicht in jedem Fall nach Ablauf der dreimonatigen Verjährungsfrist auf diese berufen kann.

 

Im vorliegenden Verfahren hat die Betroffene eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 42 km/h über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit begangen. Die zuständige Bußgeldbehörde hat an die ihr bekannte Anschrift der Betroffenen einen Anhörungsbogen übermittelt. Besonderheit war hier jedoch, dass die Betroffene bereits seit über drei Jahren nicht mehr an dieser Anschrift gewohnt hat, sondern nur noch ihre Eltern. Im späteren Verlauf des Verfahrens hat sich für die Betroffene gegenüber der Behörde ein Rechtsanwalt bestellt. Die zuständige Bußgeldbehörde hat daraufhin einen Bußgeldbescheid gegen die Betroffene erlassen, welcher erneut zu der Anschrift der Eltern zugestellt worden ist. Die Betroffene hat sich im späteren, gegen den Bußgeldbescheid gerichteten Verfahren darauf berufen, dass die Zustellung an die Adresse ihrer Eltern unwirksam gewesen sei und zwischenzeitlich daher die begangene Ordnungswidrigkeit verjährt ist.

 

Das zuständige Amtsgericht, sowie anschließend nunmehr das OLG haben entscheiden, dass sich die Betroffene nicht auf eine Verjährung der Ordnungswidrigkeit berufen kann. Dies deshalb nicht, da die Betroffene selber die Verjährung rechtsmissbräuchlich herbeigeführt hat, indem sie – obwohl sie anwaltlich beraten war – nach Übersendung des Anhörungsbogens an die Anschrift ihrer Eltern ihre eigene, neue Adresse nicht mitgeteilt hat. Vielmehr sei gerade aufgrund der Eigenschaft der Betroffenen als anwaltlich beraten davon auszugehen, dass diese es bewusst unterlassen hat, ihre neue Anschrift mitzuteilen, um eine Zustellung des Bußgeldbescheides zu verhindern. Das OLG Hamm hat insoweit auch klargestellt, dass die kurzen Verjährungsfristen im Ordnungswidrigkeitenrecht dazu dienen, dass ein Bußgeldbescheid dem Betroffenen möglichst zügig zugestellt werden soll. Vorliegend greift dieser Schutzzweck jedoch nicht, da die Behörde den Bußgeldbescheid zeitnah zur Tat versandt hat. Vielmehr sei eine frühzeitige Abwicklung des Verfahrens allein deshalb nicht möglich gewesen, da aufgrund der unterlassenen Klarstellung, dass die Betroffene mittlerweile nicht mehr bei ihren Eltern wohnt, eine weitere Verfolgung nicht möglich gewesen wäre. Das OLG hat klargestellt, dass es bei dieser Sachlage der Intention des Gesetzgebers widerspricht, den Betroffenen in den Genuss der Verfolgungsverjährung kommen zu lassen. Erschwerend hat das Gericht insofern auch herangezogen, das die Betroffene bereits durch die fehlende Ummeldung gegen die Vorschriften des Meldegesetzes verstoßen hat.

 

Fazit:

Festzuhalten bleibt damit, dass der Betroffene eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens sich nicht in jedem Fall auf Ablauf der dreimonatigen Verjährungsfrist berufen kann. Hat die Behörde innerhalb dieser Frist einen Bußgeldbescheid nicht erstellt, oder konnte der Betroffene innerhalb der Dreimonatsfrist nicht ermittelt werden, kann sich der Betroffene auf die Einrede der Verjährung berufen. Hat jedoch der Betroffene selber rechtsmissbräuchlich verhindert, dass ein Bußgeldbescheid zugestellt werden kann, hat er dies gegen sich gelten zu lassen. Die Rechtssprechung des OLG Hamm im Bußgeldrecht liegt insofern auf einer Linie mit der Rechtssprechung im Arbeitsrecht, bei welcher eine Zustellung ebenfalls fingiert wird, wenn der Betroffene rechtsmissbräuchlich die Zustellung einer Kündigung verhindert.

 

 

Source: Archiv Przytulla