Arbeitsrecht für Dortmund und Umgebung

 

Wichtige Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

für die Teilzeitarbeit

 

I.

Der Sachverhalt

 

Der Kläger war als Rettungsassistent im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses bei der Beklagten tätig. Die Beklagte differenzierte bei den Vergütungen zwischen „hauptamtlichen“ und „nebenamtlichen“ Rettungsassistenten, die jeweils im Bedarfsfalle eingesetzt wurden aber durchaus identische Tätigkeiten erbrachten, wobei allerdings die Teilzeitkräfte auch den Einsatz jeweils ablehnen konnten.

 

Die „hauptamtlichen“ Kräfte erhielten eine Stundenvergütung von 17,00 € brutto; die „nebenamtlichen“ Rettungsassistenten wurden lediglich mit 12,00 € brutto vergütet. Dabei war es so, dass die „nebenamtlichen“ Rettungsassistenten Wunschtermine für den Einsatz äußern konnten und die Beklagte dann bei zu besetzenden, freien Schichten die Anfrage stellte, ob der/die betreffende „nebenamtliche“ Rettungsassistent/ Rettungsassistentin tätig werden wolle. In den Arbeitsverträgen dieser Gruppe von Beschäftigten war eine durchschnittliche Arbeitszeit von 16 Stunden pro Monat vorgesehen. Des Weiteren sahen die Vereinbarungen vor, dass weitere Stunden geleistet werden könnten und man sich verpflichtete, aktiv um weitere Schichten sich zu kümmern.

 

Der Kläger klagte nunmehr für die Zeit Januar 2020 bis April 2021 gegen die Beklagt den Stundendifferenzbetrag zwischen „nebenamtlichen“ und „hauptamtlichen“ Beschäftigten ein, d. h. jene 5,00 €, die die hauptamtlichen Rettungsassistenten mehr bekamen.

 

Die Beklagte hielt ihre Lohngestaltung für rechtmäßig, weil sie mit den „hauptamtlichen“ Rettungsassistenten größere „Planungssicherheit und weniger Planungsaufwand“ habe. Dieser Faktor sei in die Stundenvergütung „eingearbeitet“.

 

II.

Gerichtliche Entscheidung

 

Das Unternehmen ging dann nach der Verurteilung beim Landesarbeitsgericht in die Revision zum BAG, welches aber die vorangegangene Entscheidung bestätigte. Die von der Beklagten vorgetragene Argumentation erachtete der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichtes als unsachlich und eine Benachteiligung in finanzieller Hinsicht nicht rechtfertigend. Die „haupt- und nebenamtlichen“ Rettungsassistenten seien gleich qualifiziert und übten dieselbe Tätigkeit aus. Der von der Beklagten pauschal behauptete, erhöhte Planungsaufwand bei der Einsatzplanung der „nebenamtlichen“ Rettungsassistenten bilde keinen sachlichen Grund zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung. Insoweit sei nicht ersichtlich, dass nach der Dienstplanung für 7 Tage die Woche mit einem 24 Stunden-Dienst und den öffentlich rechtlichen Vorgaben zur Besetzung der Rettungs- und Krankenwaren dann ein signifikant höherer Planungsaufwand entstehe. Dies gelte auch, wenn man angesichts der anderen Vertragsgestaltung bei den „hauptamtlichen“ Rettungsassistenten ein Mehr an Planungssicherheit für die Beklagte annähme.

 

Sie könne aber auch den „nebenamtlichen“ Kräften Arbeitszeit zuweisen bzw. um die Übernahme der Tätigkeit bitten. Hier sei auch zu bedenken, dass ja auch „hauptamtliche“ Rettungsassistenten „ausfallen“ könnten. Des Weiteren müsse die Beklagte ja auch das Arbeitszeitgesetz und die dort relevanten Gesichtspunkte beachten.

 

Insoweit habe die Beklagte letztendlich keine hinreichenden Kriterien für eine Vergütungsdifferenzierung dargelegt.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.01.2023, 5 AZR 108/22.

 

III.

Fazit

 

Das Bundesarbeitsgericht hat in den letzten Jahren kontinuierlich Benachteiligungen von Teilzeitkräften in vielfältiger Art und Weise zurückgewiesen.

 

Auch diese neue Entscheidung ist Teil dieses Bemühens. Der Gesetzgeber hat sich in den §§ 4, 5 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ausdrücklich dafür entschieden, dass Benachteiligungen/unterschiedliche Behandlungen aufgrund der Teilzeit allein nicht zulässig sind. Der vorliegende Fall ist ein klares Signal, dass unzutreffende Argumente von Arbeitgebern nicht angeführt werden dürfen, um den Vergütungsanspruch von Teilzeitkräften zu senken.

 

Wenn die Arbeitgeberin hier vor dem Arbeitsgericht oder dem Landesarbeitsgericht vorgetragen hätte, welche Kosten ihr für die anderweitigen Regelungen mit den Teilzeitkräften entstehen, hätte sie auf jeden Fall größere Chancen auf ein Obsiegen hinsichtlich der Vergütungen gehabt.

 

Das Urteil ist für Arbeitgeber ein deutlicher Hinweis, dass sie auch im eigenen Interesse sehen sollten, klar und deutlich zu benennen, weshalb eine Teilzeitkraft anders als eine Vollzeitkraft beschäftigt wird. Dabei dürfte es auch in Zukunft sehr schwierig sein, die reinen Organisationskosten des Arbeitgebers entsprechend „umzulegen“.

 

Dort wo in klarer Art und Weise Mehrkosten entstehen oder aber Aufwendungen für den Arbeitgeber weniger rentierlich sind, kann ggfls. eine Differenzierung erfolgreich sein.

 

Mit freundlichem Gruß

 

Dortmund, den 03.02.2023

 

Fritz-Martin Przytulla LL.M.

Rechtsanwalt