Wirksamkeit einer Bedingung im Testament

 

Das Oberlandesgericht Hamm hatte im Rahmen eines Berufungsverfahrens (Az. 10 U 58/21) gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 29.04.2021 (Az. 8 O 486/20) über die Wirksamkeit einer Bedingung in einem Testament zu entscheiden.

1. Der Sachverhalt

Die Klägerin lebte über viele Jahre in einer Wohnung des Einfamilienhauses, das sich im Alleineigentum ihrer nunmehr verstorbenen Mutter befand, die bis zu ihrem Tod ebenfalls eine Wohnung in der Immobilie bewohnte. Bis zum Jahr 2016 lebte auch deren Tochter, somit die Enkelin der Erblasserin, gemeinsam mit ihrer Mutter in der Wohnung. Der langjährige Lebensgefährte der Tochter und Ziehvater der Enkelin hatte eine eigene Wohnung in der Nachbarschaft, ging in der Wohnung der Tochter jedoch regelmäßig aus und ein. Er erledigte kostenfrei Reparaturen im Haus und pflegte auch einen guten Kontakt zur Erblasserin. Unstreitig herrschten zu Lebzeiten auch kein Streit oder andere Unstimmigkeiten zwischen der Erblasserin und dem Lebensgefährten der Tochter.

Als die Erblasserin starb, wurde das notarielle Testament vom Nachlassgericht eröffnet, das die Tochter und die Enkelin der Erblasserin als Enkel einsetzte. Dies wurde jedoch unter zwei Bedingungen gesetzt. Zum einen wurde es den Erbinnen untersagt, das Grundstück an den Lebensgefährten der Tochter zu übertragen. Darüber hinaus sollten die Erbinnen dem Lebensgefährten auf Dauer untersagen das Grundstück zu betreten.

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass zu Lebzeiten stets ein guter familienähnlicher Kontakt zum Lebensgefährten geführt wurde, waren die Erbinnen verblüfft über die zweite Bedingung und verlangten vor dem Landgericht Bochum die Feststellung, dass die Bedingung des Betretungsverbots nichtig sei, weil sie diese für sittenwidrig hielten.

In erster Instanz gab das Landgericht Bochum der Feststellungsklage statt und erklärte das Betretungsverbot wegen Sittenwidrigkeit für ungültig. Hiergegen wandte sich der Beklagte, der zur Überwachung des Betretungsverbots eingesetzte Testamentsvollstrecker, mit seiner Berufung an das Oberlandesgericht Hamm.

In der mündlichen Verhandlung hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm die Rechtslage mit den Parteien eingehend erörtert und dabei mitgeteilt, dass es die Rechtsansicht des Landgerichts Bochum teilt.

Im Zuge dessen hat der Beklagte die Berufung im Rahmen der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

2. Die Rechtslage

Grundsätzlich ermöglicht die vom Grundgesetz geschützte Testierfreiheit es einer Erblasserin, die Erbfolge und die Bestimmungen nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.

Die Grenzen liegen zum Beispiel dort, wenn die Bestimmungen gegen die guten Sitten gem. § 138 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verstoßen. Dies kann gemäß den Ausführungen des Urteils des Landgerichts Bochum in den Fällen angenommen werden, in denen der Erblasser durch seine Verfügung unter Berücksichtigung der höchstpersönlichen und auch wirtschaftlichen Umstände einen nicht zu billigenden Druck auf die Entschließungsfreiheit oder andere Rechte des Bedachten ausübt, wobei bei der Beurteilung stets die jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (LG Bochum, a.a.O.).

Das Landgericht Bochum hat hierzu ausgeführt, dass das testamentarisch verfügte Betretungsverbot für den Lebensgefährten der Erbin die Klägerinnen in einem nicht zu billigenden Maße in ihrer privaten und höchstpersönlichen Lebensführung einschränke.

Die Bedingung verfolgte auch keinen legitimen Zweck. Im Ergebnis erschwert es lediglich die Beziehung der Klägerin zu 1) zu ihrem Lebensgefährten:

„Die Erblasserin hatte daher lediglich versucht, durch die Androhung des Verlustes von zunächst gewährten Vorteilen in einer gegen das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ verstoßenden Weise ein bestimmtes Verhalten der Klägerinnen zu erzwingen.“ (LG Bochum, a.a.O.)

Für die Rechtsfolge ging das Oberlandesgericht Hamm weiterhin davon aus, dass die Erblasserin ihre Tochter und ihre Enkelin auch ohne die unwirksame Bedingung zu Erbinnen eingesetzt hätte, so dass die Sittenwidrigkeit nur dazu führt, dass die Bedingung und nicht auch die Erbeinsetzung entfällt, das Testament somit im Übrigen wirksam ist.

3. Fachkompetenter Rat beugt Ärger vor

Wenn eine Regelung in einem Testament nichtig ist, muss der mutmaßliche Wille des Erblassers erkundet werden (die sogenannte Auslegung des Testaments). Einfacher ist es, wenn ein vom Erblasser aufgesetztes Testament eindeutige und rechtmäßige Bestimmungen enthält, sodass eine Auslegung anschließend nicht erforderlich ist. Damit wird gewährleistet, dass der Wille des Erblassers auch tatsächlich durchgesetzt wird und die Erben im Rahmen des Erbfalles sich nicht über die Auslegung von Regelungen streiten müssen.

Sehr gerne geben wir Ihnen vor der Erstellung eines Testaments fachlich kompetenten Rat. Darüber hinaus können wir Sie über die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Arten von Testamenten beraten.

Im Falle des Wunsches der notariellen Beurkundung eines Testaments, könnte dies auch Rechtsanwalt und Notar Przytulla LL.M. für Sie durchführen.

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Dortmund, den 18.08.2023

Markus Höller

Rechtsanwalt

Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Hamm vom 19.07.2023