Arbeitsrecht für Dortmund und Umgebung

Flexibilisierung der Arbeitszeit

einmal anders:

Beim Bundesarbeitsgericht lag im Verfahren 5 AZR 22/23 das Problem vor, wie bei einer Abrufarbeitszeit (Kapovaz) gem. § 12 TzBfG die Dauer der Arbeitszeit zu bestimmen sei.

I.

Sachverhalt

Die Klägerin war mehr als ein Jahrzehnt bei der Beklagten beschäftigt.

Sie wurde je nach Bedarf in unterschiedlichem zeitlichem Umfang zur Arbeit herangezogen, ohne dass eine feste Regelung hierzu vereinbart worden wäre.

Aufgrund eines nachlassenden Umfanges der Arbeit wurde die Klägerin ab 2020 in einem verringertem Maße (bezogen auf die Vorjahre) für eine Arbeitsleistung herangezogen.

Dann machte sie aber für die Zeit ab 2020 die Bezahlung von fiktiven Arbeitszeiten geltend, entsprechend dem, was sie in der Zeit vor 2020 an Arbeitszeit erbracht hatte.

II.

Beurteilung des Bundesarbeitsgerichts

Die gesetzliche Regelung besagt, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Arbeitszeit auf Abruf gem. § 12 TzBfG vereinbaren können.

Der Arbeitgeber kann dann den Arbeitnehmer je nach Bedarf zur Erbringung der Arbeitsleistung heranziehen.

Dabei müssen die Parteien allerdings § 12 TzBfG beachten (vgl. *Fußnote). Insoweit sind grundsätzlich Angaben zur täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit erforderlich. Grundsätzlich verlangt das Gesetz, dass für den Arbeitnehmer die Heranziehung zur Arbeitsleistung „vorhersehbar“ sein muss. Das Problem, welches sicherlich keine Seltenheit ist, dass die Parteien nur einen (zu) knappen Arbeitsvertrag geschlossen hatten, in dem die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit nicht festgelegt worden war.

Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr verbindlich festgelegt, dass in derartigen Fällen die gegebene Regelungslücke dadurch zu schließen ist, dass entsprechend der gesetzlichen Vorgabe dann eine Wochenarbeitszeit von 20 Stunden gelte.

Davon abweichende Gestaltungen können nur angenommen werden, wenn objektive Anhaltspunkte dafür gegeben seien, dass die Parteien bei Vertragsschluss in Kenntnis der Regelungslücke tatsächlich eine andere Bestimmung (dann aber welche?) getroffen haben.

Demgemäß wies das Bundesarbeitsgericht die Klage der Arbeitnehmerin zurück, die insoweit unter Bezugnahme auf die früheren Arbeitszeiten einen höheren Umfang als 20 Wochenarbeitsstunden behauptet hat.

III.

Fazit:

Wer Verträge mit Arbeitszeitanpassung schließt, sollte sorgfältig vorgehen und die vorgenannten Gesichtspunkte beachten, d. h. für die Beschäftigten und die Arbeitgeber gilt, dass eben die Grundelemente gem. § 12 TzBfG schriftlich ausgeführt sein sollten.

Hier kam der Arbeitgeber noch einmal mit einem „blauen Auge“ davon, weil das BAG der Auffassung war, ein zeitweises Überschreiten der Anzahl von 20 Wochenarbeitsstunden führe nicht zu einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Regelung.

Gleichwohl sollte man darauf nicht für immer bauen, sondern klare vertragliche Regelungen schreiben.

*§ 12 TzBfG

(1) Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf). Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen.

 

(2) Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nach Absatz 1 Satz 2 eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 25 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nach Absatz 1 Satz 2 eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen

 

(Weitere Absätze des § 12 TzBfG können Sie gerne bei uns abfragen).

Dortmund, den 22.11.2023

Fritz-Martin Przytulla LL.M.

Rechtsanwalt