Bekanntlich verfügt die Suchmaschine der Beklagten seit dem Jahre 2009 über eine so genannte Autocomplete-Funktion. Danach werden bei Eingabe eines oder mehrerer Suchbegriffe automatisch – nach einem bestimmten Algorithmus – verschiedene Suchvorschläge und Wortkombinationen angezeigt. Die Ergebnisse werden maßgeblich aus der Anzahl vorheriger Suchanfragen von Nutzern ermittelt.

 

Die Kläger des Verfahrens hatten festgestellt, dass bei Eingabe etwa ihres Namens die Suchvorschläge „Scientology“ und „Betrug“ ergänzt wurden. Dadurch sahen sie sich in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und geschäftlichen Ansehen verletzt. Im Mai 2010 hatten beide zunächst eine einstweilige Verfügung erwirkt.

 

Da die Beklagte jedoch eine Abschlusserklärung verweigerte, kam es zum Hauptsacheverfahren, in welchem die Kläger dann in der Berufungsinstanz  unterlagen.

 

Der BGH hat diese Entscheidung nun aufgehoben und den Rechtsstreit an die Vorinstanz OLG Köln zurückverwiesen. Dieses ging zu Unrecht davon aus, dass den Suchergänzungsvorschlägen der Beklagten kein eigener Aussagegehalt beizumessen sei. Allein die Verbindung des Vornamens mit den Begriffen Scientology und/oder Betrug sei im Ergebnis keine Aussage. Es liege fern, dass allein die Suchvorschlagskombination als Äußerung verstanden werde, die einen inhaltlichen Bezug zwischen Suchbegriff und dem angezeigten Ergänzungsvorschlag bei den jeweiligen Nutzern der Beklagten herstelle.

 

Dem gegenüber sieht der Bundesgerichtshof jedoch grdsl. einen Unterlassungsanspruch der Kläger gem. § 823 Abs. 1, 1004 BGB in Verbindung mit Art. 1, 2 GG.

 

In der Sache stellte der BGH durch die Autocompletevorschläge eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Kläger fest, die Qualität der Suchergänzungsvorschläge als verletzende Aussage wurde bejaht. Sowohl sei die Verbindung eines Namens mit dem Begriff Scientology eine sittlich nicht zu akzeptierende Verbindung, da hieraus eine aussagekräftige Vorstellung auf Seiten der Nutzer entstehe. Ähnlich negatives Gewicht sah der BGH auch im Hinblick aus der Verbindung mit dem Wort Betrug, welches gemeinhin beim Durchschnittsrezipienten ein sittlich vorwerfbares Übervorteilen eines anderen begründe.

 

Die Charakterisierung der Suchergänzungsvorschläge als wertende Aussage wird darauf gestützt, dass der Algorithmus der Suchmaschine der Beklagten auf inhaltlich weiterführende, ergänzende Suchvorschläge gerade angelegt ist. Es soll ersichtlich mit der angezeigten Wortkombination ein direkter auch inhaltlicher Bezug widergespiegelt werden. Die Suchergänzungsvorschläge seien auch keine Fremdinhalte, sondern – aufgrund des eigenen Algorithmus  der Beklagten – ihre Aussagen.

 

Vor diesem Hintergrund war eine Abwägung vorzunehmen zwischen dem Schutz des Persönlichkeitsrechts und den Rechten der Beklagten aus Handlungs-, Meinungs- und Eigentumsfreiheit.

 

Im Ergebnis bejaht der BGH die rechtswidrige Verletzung, mithin den Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kläger. Maßgeblich hierfür war, dass die streitigen Begriffe Scientology und Betrug in Verbindung mit den Namen der Kläger einen unwahren Aussagegehalt beinhalteten. Da jedoch der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit zu Lasten der Beklagten in einem Unterlassen bestehe, ergebe sich der Unterlassungsanspruch nicht per se aus der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes. Der BGH berücksichtigt, dass die Beklagte es schließlich hier nicht auf eine Rechtsverletzung primär anlegt, sondern diese allein durch das Nutzerverhalten entsteht. Hieraus leitet er ab, dass der Beklagten nur vorgehalten werden könne, keine ausreichenden Vorkehrungen dahingehend getroffen zu haben, dass die Suchmaschine verhindere, dass es durch die Autocomplete-Funktion zu Rechtsverletzungen kommen kann.

 

Der BGH stellt dazu fest, dass die Beklagte als Betreiber einer Suchmaschine nicht verpflichtet ist, vorab etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Eine Prüfungspflicht bestehe erst dann, wenn der Betreiber einer Suchmaschine Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt.

 

Wird er auf eine solche hingewiesen, dann ist er auch verpflichtet zukünftig durch entsprechende  Maßnahmen, diese Verletzung zu verhindern. Das Berufungsgericht muss diesen Aspekt „Verletzung von Prüfpflichten“ nunmehr erstmalig würdigen.

 

Ergebnis:
Nach den zur Haftung aufgestellten Grundsätzen des BGH wird sich demnächst noch zeigen, ob Google hier tatsächlich durch ihre Suchergänzungsvorschläge auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Dies ist nach den vorgenannten Grundsätzen nur dann der Fall, wenn tatsächlich die Prüfpflichten verletzt worden sind. Hierzu wird jedoch erst der weitere Verfahrensgang Aufschluss geben. Festzuhalten bleibt damit zunächst einmal nur, dass die Autocomplete-Funktion von Google grundsätzlich dazu geeignet ist, zurechenbare Persönlichkeitsrechtsverletzungen hervorzurufen.

Source: Archiv Przytulla