Beamte, die aufgrund eines Dienstunfalls dauerhaft dienstunfähig werden und deshalb in den Ruhestand versetzt werden, erhalten u.U. ein sog. Unfallruhegehalt, das gegenüber dem “normalen“ Ruhegehalt wesentlich erhöht ist (vgl. § 36 Landesbeamtenversorgungsgesetz – LBeamtVG NRW).

Voraussetzung für die Gewährung eines solchen Unfallruhegehaltes ist, dass das schädigende Ereignis einen Dienstunfall darstellt.

Wesentliches Merkmal eines Dienstunfalles ist nach der gesetzlichen Definition des § 31 LBeamtVG NRW, dass das schädigende Ereignis in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist, wobei auch Dienstreisen, Dienstgänge sowie u.a. auch die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen mit umfasst sind. Es muss zudem auf äußerer Einwirkung beruhen.

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat in einem jüngst veröffentlichten Urteil vom 18.05.2015 (Az.: 23 K 308/15) grundsätzliche Ausführungen zu der im Einzelfall oft umstrittenen Frage gemacht, wann ein Dienstunfall vorliegt.

In der Sache ging es um einen beamteten Lehrer in Diensten des Landes NRW, der an einem von der Schulleitung angeordneten, zweitägigen Lehrerausflug teilnahm. Die Unterbringung des Lehrerkollegiums erfolgte auf einem sog. Botel, also einem Hotelschiff, das fest vertäut ist und nicht von einem Ort zum anderen fährt.

Um die Dusch- und Toilettenräume von seinem Zimmer aus zu erreichen musste der Kläger auf das nächsthöhere Schiffsdeck über eine steile Treppe nach oben gehen. Bei der Rückkehr von der Morgentoilette stürzte der betroffene Lehrer diese Treppe hinunter, brach sich zwei Halswirbel und ist seitdem querschnittgelähmt. Dem Sturz unmittelbar vorangegangen war ein Schwächeanfall des Klägers noch auf dem oberen Deck, den er aber nach kurzer Erholung als überstanden ansah, so dass er sich auf die Treppe begab.

Die zuständige Bezirksregierung lehnte die Anerkennung des Unfalls als Dienstunfall ab. Sie berief sich zum einen darauf, dass kein Zusammenhang mit dem Dienstbetrieb bestanden habe und zum anderen, dass der Unfall auf einem Vorgang im Inneren des Körpers des Betroffenen beruht habe und nicht auf einem äußeren Ereignis.

Das VG Düsseldorf hat auf die Klage des betroffenen Lehrers hin das Land NRW verpflichtet, den Unfall als Dienstunfall anzuerkennen. Es hat zur Begründung seines Urteils folgende, erfreulich klare Feststellungen getroffen (Leitsätze des Gerichts):

 

1. Das Merkmal der "äußeren Einwirkung" erfüllt den Zweck, äußere Vorgänge von krankhaften Vorgängen im Innern des menschlichen Körpers abzugrenzen. Die Annahme einer äußeren Einwirkung scheidet deshalb nur dann aus, wenn die Einwirkung auf Umständen beruht, für die eine in körperlicher oder seelischer Hinsicht besondere Veranlagung des Betroffenen oder ein vorsätzliches Verhalten des Betroffenen die wesentliche Ursache war.

2. Bei der Beurteilung, welche Verrichtungen typischerweise zu den Dienstaufgaben des Beamten gehören, ist, von den dem Dienstherrn und der jeweiligen Beschäftigungsbehörde obliegenden Aufgaben ausgehend, auf die in diesem Rahmen dem Beamten in seinem Amt übertragenen Obliegenheiten und das sich daraus ergebende Berufsbild abzustellen.

3. Es entspricht gerade der im Gesetz angelegten Verteilung von Risikosphären, in bestimmten Fällen auch private oder eigenwirtschaftliche Tätigkeit des Beamten unter den Schutz der Dienstunfallfürsorge zu stellen, ohne dass damit zugleich zum Ausdruck gebracht wird, jede Tätigkeit des Beamten auf einer mehrtägigen dienstlichen Veranstaltung oder Dienstreise sei "Dienst" im Sinne des Gesetzes.

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; die vom Land NRW eingelegte Berufung ist beim Oberverwaltungsgericht für das Land NRW anhängig (Az.: 3 A 1404/15). Wir werden über den weiteren Verlauf des Verfahrens zeitnah informieren.

 

Empfehlung:

Das Urteil zeigt, dass die gerade vom Land NRW als Dienstherr betriebene bekannt restriktive Auslegung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung eines Dienstunfalls, insbesondere bei dienstlich angeordneten "Ausflügen" nicht immer die Billigung der Gerichte findet.

Betroffenen Beamten ist daher unbedingt zu empfehlen, Unfälle, die während des oder im Zusammenhang mit dem Dienstbetrieb stehen, als Dienstunfall zu melden und deren Anerkennung als Dienstunfall zu betreiben, um sich nicht der Ansprüche nach dem LBeamtVG zu begeben.

Ablehnende Entscheidungen der zuständigen (Landes-) Behörden sollten sachverständig durch einen fachkundigen Rechtsanwalt auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft und mit den entsprechenden Rechtsmitteln angefochten werden.

 

RA Karl-Ulrich Langer

Source: Archiv Przytulla