Das BAG hat mit seiner Entscheidung vom 19.11.2015 (Az.: 6 AZR 844/14) klargestellt, dass bei der Berechnung der Kündigungsfrist in der Probezeit keine Anrechnung eines vorangegangenen Praktikums erfolgt. Auf den Inhalt und die Zielsetzung des Praktikums kommt es dabei nicht an.

 

Hintergrund der Entscheidung war folgender Sachverhalt:

 

Im Frühjahr 2013 bewarb sich der Kläger bei der Beklagten um eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel. Die Ausbildung sollte ab dem 01.08.2013 beginnen. Die Parteien schlossen zur Überbrückung einen „Praktikantenvertrag“ mit einer Laufzeit bis zum 31.07.2013. In dem Berufungsausbildungsvertrag vereinbarten die Parteien eine Probezeit von drei Monaten. Der Beklagte kündigte das Berufsausbildungsverhältnis zum 29.10.2013. Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger noch am selben Tag zu. Dieser hielt die Kündigung für unwirksam, da sie seiner Ansicht nach erst nach Ablauf der Probezeit erklärt worden sei. Er führte dazu aus, dass das vorausgegangene Praktikum auf die Probezeit des Berufsausbildungsverhältnisses anzurechnen sei, da sich die Beklagte bereits während des Praktikums ein vollständiges Bild über ihn machen konnte. Die Klage wurde durch die Vorinstanzen abgewiesen.

 

Das BAG hat klargestellt, dass die Tätigkeit des Klägers vor dem 01.08.2013 im Rahmen des vorangegangenen Praktikums bei der Probezeitkündigung nicht zu berücksichtigen ist. Die Kündigung des Arbeitgebers ist damit noch während der Probezeit erklärt worden. In diesem Zusammenhang wies das BAG darauf hin, dass dasselbe auch gelten würde, wenn es sich hierbei nicht um ein Praktikum, sondern um ein Arbeitsverhältnis handeln würde und verwies dabei auf die Entscheidung vom 16.12.2004 (Az.: 6 AZR 127/04). Im Rahmen dieser Entscheidung führte das BAG aus, dass es für eine Anrechnung des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses auf die Probezeit an einer Rechtsgrundlage fehle, da das Gesetz keine Angaben dazu enthalte. Zweck der Probezeit sei außerdem sicherzustellen, dass der Ausbildende den Auszubildenden überprüfen kann, ob dieser für den zu erlernenden Beruf geeignet ist und sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann. Dementsprechend sind die Berufsausbildung und eine Arbeitsleistung nicht gleichzusetzen.

 

Fazit:

Es bestehen aufgrund dieser Entscheidung daher keine Bedenken, vor dem Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis oder ein Praktikum zu vereinbaren, da diese Zeiten im Rahmen der vereinbarten Probezeit nicht angerechnet werden. Auch muss die Probezeit nicht auf den Mindestzeitraum nach § 20 BBiG auf einen Monat verkürzt werden.

Source: Archiv Przytulla