Das OLG München hat in seinem Beschluss vom 05.05.2020 (Aktenzeichen: 31 Wx 246/19, 31 Wx 248/19, 31 Wx 247/19, 31 Wx 249/19, 31 Wx 269/19) Wichtiges zur Feststellung des Testierwillens ausgeführt.

In seinen Leitsätzen stellt es u.a. in Bezugnahme auf § 133, § 2247 und § 2255 BGB fest, dass in Falle des Vorhandenseins von zwei Originalen eines Testaments die Vernichtung des einen Originals nicht auf das weitere Original durchschlägt. Hier ist also Vorsicht geboten, damit der „letzte Wille“ nicht anders als geplant ausgeführt wird.

Hintergrund war Folgender:

Der ledige und kinderlose Erblasser ist 2017 in Dillingen verstorben. Er errichtete 2011 am selben Tag zwei im Wesentlichen gleichlautende Testamente. Ein Exemplar verblieb beim Erblasser, ein anderes gab er seiner begünstigten Cousine.

Die beiden Exemplare unterschieden sich lediglich insoweit, als ein Exemplar, nämlich das, was beim Erblasser verblieben war, die Wörter „meine Cousine“ als Einfügung oberhalb der ersten Zeile enthält und die bestimmte Gliederungsziffern nicht vorhanden waren.

Die beim Erblasser verbliebene Verfügung wurde im Verfahren vor dem Nachlassgericht im Jahre 2017 vom Betreuer des Erblassers zerrissen. Das bei der Cousine verbliebene Exemplar hatte der Betreuer wohl von dieser herausverlangt, jedoch verweigerte diese nach Angaben des Betreuers die Herausgabe und hat, gestützt auf die Verfügung, die bei ihr verblieben war, einen Erbschein beantragt, dessen Erteilung das Nachlassgericht angekündigt hatte. Dagegen wandten sich die gesetzlichen Erben. Sie waren der Ansicht, das Testament sei wirksam widerrufen worden und die gesetzliche Erbfolge eingetreten.

Das OLG München hat jedoch entschieden, dass es im vorliegenden Fall bei der vom Erblasser eingesetzten Erbfolge verbleibt und sich die Erbrechtslage nach dem Testament richtet, welches der Erblasser am 08.07.2011 errichtet und der Cousine ausgehändigt hat. Es handele sich dabei auch nicht nur um einen Entwurf (dazu: MüKoBGB/Sticherling, 8. Auflage, 2020, § 2247 Rn. 6) oder lediglich um eine Abschrift bzw. Kopie. Beweisbelastet dafür ist derjenige, der aus dem Testament Rechte herleiten will.

Es wäre u.a. zu erwarten gewesen, dass der Erblasser das Dokument entsprechend als Kopie kennzeichnet, z.B. indem er auf der Urkunde vermerkt, dass es sich lediglich um eine Abschrift/Kopie handelt. Ohne weiteres wäre es dem Erblasser auch möglich gewesen, durch Anbringen eines entsprechenden handschriftlichen Vermerks klarzustellen, dass die aus den Händen gegebene Variante lediglich eine Beweisfunktion haben sollte.

Auch der Umstand, dass der Erblasser wohl seinen Betreuer gebeten hatte, die ausgehändigte Urkunde von der Cousine zurückzuerlangen, spricht für das Vorliegen eines Originals. Ein derartiger Aufwand wäre bei einer Abschrift/Kopie kaum erforderlich, denn wäre der Erblasser davon ausgegangen, er hätte der Cousine lediglich eine rechtlich unverbindliche Abschrift/Kopie ausgehändigt, hätte er dies gegenüber dem Betreuer lediglich klarzustellen bzw. zu dokumentieren gehabt.

Dieses Testament wurde auch nicht wirksam widerrufen, § 2255 BGB. Die Vernichtung des in den Händen des Erblassers befindlichen Originals schlägt nicht auf das weitere Original vom selben Tag durch, so das OLG München. Das (verbliebene) Testament war also weiter gültig.

Die Entscheidung führt eindringlich vor Augen, dass Testamente sorgsam errichtet werden sollten. Zweckmäßig ist es, bei Vorhandensein mehrerer Ausfertigungen festzulegen, welche das Original ist. Anderenfalls kann dies im Falle der Meinungsänderung zur Erbeinsetzung zu unschönen Folgen führen, wenn nicht alle Originale vernichtet werden.

Lassen Sie sich daher in Zweifelsfällen bei Errichtung des Testamentes notariell beraten. Das errichtete Testament können Sie sodann sicher in notarielle oder amtliche Verwahrung geben, um auch den Begünstigten Rechtsstreitigkeiten zu ersparen.

Ihr Anwalt und Notar für Testamentsänderung in Dortmund

Fritz-Martin Przytulla LL.M.
Fritz-Martin Przytulla LL.M.Rechtsanwalt | Notar
Fachanwalt für Arbeitsrecht