Das OLG Hamm hat mit Beschluss vom 22.12.2014 (Aktenzeichen: 3 RBs 264/14) Grundsätze über das Erfüllen des Bußgeldtatbestandes der Abstandsunterschreitung festgelegt. Diese Entscheidung ist gerade hier im Ruhrgebiet, mit seiner Vielzahl von guten Verkehrsanbindungen und der hieraus folgenden täglichen Teilnahme eines Großteils der Bevölkerung am Straßenverkehr, praxisrelevant.

 

In dem von dem OLG Hamm zu entscheidenden Fall wurde auf der A2 eine Abstandsmessung vorgenommen, bei welcher sich herausstellte, dass der Betroffene des vorliegenden Verfahrens mit seinem PKW bei einer festgestellten Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug) von 124 km/h lediglich einen Sicherheitsabstand von 17 Metern zu seinem Vordermann eingehalten hat. Der Betroffene des streitgegenständlichen Verfahrens hat sich gegen eine wegen Abstandsunterschreitung ergangene Verurteilung des Amtsgerichts Hamm mit der Begründung gewehrt, dass eine Verurteilung nur in Betracht komme, wenn man mindestens über eine Strecke von 140 Metern oder für Dauer von mindestens drei Sekunden einen zu geringen Sicherheitsabstand einhalte.

 

Das OLG Hamm hat sich mit der Sach- und Rechtsalge umfassend auseinandergesetzt und klargestellt, dass es für den Bußgeldtatbestand der Abstandsunterschreitung nicht auf die Dauer der Unterschreitung ankommt, sondern allein, dass der vorgeschriebene Sicherheitsabstand unterschritten wird. Das OLG Hamm führt aus, dass sich bereits dem Wortlaut des § 4 StVO keine Beschränkung auf Fälle entnehmen lasse, in denen der vorgeschriebene Sicherheitsabstand über eine längere Dauer nicht eingehalten wird. Vielmehr ist es so, dass der Tatbestand des § 4 StVO bereits von jedem erfüllt wird, der zu irgendeinem Zeitpunkt seiner Fahrt objektiv pflichtwidrig und subjektiv vorwerfbar den im einschlägigen Bußgeldtatbestand gewährten Abstand unterschreitet. Eine Beschränkung des Tatbestandes der vorwerfbaren Abstandsunterschreitung auf solche Fälle, in denen die Abstandsunterschreitung nicht vorübergehend ist, kann dem Gesetzt nicht entnommen werden. Das OLG Hamm stellt damit klar, dass grundsätzlich jedwede Abstandsunterschreitung für die Erfüllung des Tatbestandes des § 4 StVO ausreichend ist.

 

Auf das Vorliegen einer nicht nur ganz vorübergehenden Abstandsunterschreitung kann es nach Auffassung des OLG Hamm nur in Ausnahmefällen ankommen, nämlich dann, wenn etwa das vorausfahrende Fahrzeug plötzlich abbremst, oder durch ein drittes Fahrzeug ein abstandsverkürzender Spurwechsel erfolgt. Allein solche Situationen, in denen der Nachfahrende allein deshalb den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand nicht einhalten kann, da ein Verhalten eines Dritten zur plötzlichen Abstandverkürzung führt, erfüllen nicht den Bußgeldtatbestand. Im Übrigen stellt jedoch das OLG Hamm klar, dass jede Abstandunterschreitung, egal über welche Dauer, den Tatbestand erfüllt.

 

Die Entscheidung des OLG Hamm ist deshalb relevant, da es Jedem tagtäglich im Straßenverkehr begegnet, dass Verkehrsteilnehmer einen ordnungsgemäßen Sicherheitsabstand nicht einhalten. Wer häufig auf den Autobahnen und Bundesstraßen im Ruhrgebiet unterwegs ist, kennt die Situation, dass gerade in angespannten Verkehrslagen Sicherheitsabstände nicht annähernd eingehalten werden. Das OLG Hamm hat mit seiner Entscheidung vom 22.12.2014 jetzt endgültig klargestellt, dass jede dieser Abstandsunterschreitungen, auch wenn sie nicht für lange Dauer erfolgt, den Tatbestand des § 4 StVO erfüllt und damit grundsätzlich auch mit einem Bußgeld geahndet werden kann.

 

 

Source: Archiv Przytulla