Der BGH hat sich in seiner Entscheidung vom 28.01.2015 (XII ZR 201/13) mit einem rechtlich hochinteressanten Thema befasst. Es geht um die Auskunftsrechte, die einem Kind, dass durch eine künstliche heterologe Insemination gezeugt worden ist, auf Mitteilung der Identität seines biologischen Vaters hat. Dieser Themenkomplex ist deshalb so hochbrisant, da im Regelfall dem Behandlungsvertrag Regelungen zugrunde liegen, nach denen sich die Eltern gegenüber dem anonymen Samenspender dazu verpflichten, keinerlei Auskünfte über seine Identität zu erteilen. Ähnliche Vertragsregelungen kann es auch im Rahmen des Behandlungsvertrages zwischen dem Spender und der durchführenden Klinik geben.

 

Der BGH hat nun entschieden, dass für den Fall, dass Auskunftsansprüche gegenüber die die künstliche Befruchtung durchführende Klinik geltend gemacht werden, diese zur Auskunftserteilung verpflichtet ist. Das gilt zumindest dann, wenn sich der Samenspender selber bei der Spende vom Arzt keine Anonymität hat zusichern lassen. In einem solchen Fall überwiegt nämlich das Interesse des Kindes, die Identität seines Vaters zu kennen, als Ausfluss seines verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht, die grundrechtlich geschützten Interessen des Auskunftsverpflichteten, welche sich lediglich auf die ärztliche Schweigepflicht berufen kann.

 

Anders liegt der Fall, wenn sich der Samenspender die Anonymität vertraglich durch die Klinik und durch die Eltern hat zusichern lassen. Dann steht das Recht des Samenspenders auf informationelle Selbstbestimmung dem Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung gegenüber, wobei davon auszugehen ist, dass das Recht des Samenspenders auf informationelle Selbstbestimmung schwerer wiegt.

 

Die vorliegende Problematik ist deshalb so interessant, da das Bürgerliche Gesetzbuch vorsieht, dass ein Kind Unterhaltsansprüche gegen seinen Vater hat. Die Folgefrage, die sich daher stellt, sobald einem Kind die Identität seines biologischen Vaters bekannt gegeben worden ist, ist, ob das Kind gegen diesen sodann auch Unterhaltsansprüche geltend machen kann. Welche Folgen dies hätte, gerade im Fall der mehrfachen Samenspende, liegt auf der Hand. Letztlich bleibt nun abzuwarten, wie viele Kinder, die durch künstliche heterologe Insemination gezeugt worden sind, überhaupt einen derartigen Auskunftsanspruch geltend machen. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass die derzeitige Rechtsprechung des BGH dazu führt, dass sich potentielle Samenspender gründlich überlegen, ob sie das Risiko der rechtlichen Konsequenzen einer Samenspende auf sich nehmen möchten.

Source: Archiv Przytulla